D a s   L i b e r a l e   T a g e b u c h

Sammlung Originaldokumente aus „Das Liberale Tagebuch“, http://www.dr-trier.de

 

 

 

 

Rainer Brüderle am 3. September 2013 im Bundestag

 

 

- Ein Auszug aus dem Protokoll –

 

Es redete Peer Steinbrück (SPD) und endete mit

 

„Vielen Dank“.

 

(Langanhaltender Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Lieber klatschen als Brüderle! Es geht nur darum, Brüderle zu verhindern!)

 

 

Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Das Wort als nächster Redner hat jetzt der Fraktionsvorsitzende der FDP, Rainer Brüderle.

 

 

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Steinbrück, ich habe Ihnen eine halbe Stunde aufmerksam zugehört. Ihre Rede hat mich an den alten Glaubenssatz erinnert: Gott weiß alles, Peer Steinbrück weiß alles besser.

 

(Beifall bei der FDP … )

 

Das Hauptproblem Ihrer Kandidatur ist, die Welt von oben herab zu erklären. Ich frage mich manchmal, woher Sie Ihr überbordendes Selbstbewusstsein nehmen. Sie haben eine Pannenstatistik wie ein Fiat Punto, führen sich aber auf, als ob Sie ein Spitzen-BMW wären.

 

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

 

Ich erinnere mich noch gut, dass Herr Steinbrück vor einigen Jahren gefordert bzw. ernsthaft erwogen hat, die Autobahnen zu verkaufen. Das ist nichts anderes als eine Pkw-Maut. Ich halte nichts von einer Pkw-Maut. Aber dazu, dass er sich nun bei diesem Thema so aufbläst, obwohl er selbst zuvor öffentlich darüber nachgedacht hat, kann ich nur sagen: sehr glaubwürdig, sehr glaubwürdig!

 

(Beifall bei der FDP … )

 

Ich habe die Worte Ihres engsten Vertrauten, Sigmar Gabriel,

 

(Heiterkeit bei Abgeordneten der FDP … )

 

noch gut im Ohr. Ihr Parteivorsitzender hat am Anfang der Legislaturperiode erklärt, es gebe bald eine Abwärtsspirale, die zu Massenarbeitslosigkeit in Deutschland führe.

 

(Sigmar Gabriel [SPD]: Was?)

 

– Ja, das haben Sie gesagt. Sie schämen sich zu Recht.

 

(Beifall bei der FDP … )

 

Ihr bester Freund in der SPD hat also eine Abwärtsspirale vorausgesagt. Genau das Gegenteil ist eingetreten. Es waren wirklich vier gute Jahre.

 

(Beifall bei der FDP … )

 

Wir haben Rekordwerte bei der Beschäftigung. 42 Millionen Menschen sind in Arbeit oder selbstständig tätig. Das gab es noch nie. Die Arbeitslosigkeit sinkt in allen Regionen. In Bayern etwa herrscht Vollbeschäftigung. Dort steht eine Eins oder eine Zwei vor dem Komma in der Arbeitslosenstatistik. Die Reallöhne steigen seit Jahren wieder. Das ist der Erfolg fleißiger Menschen, der Unternehmen und insbesondere des Mittelstands, aber auch der Erfolg der christlich-liberalen Koalition.

 

(Beifall bei der FDP … )

 

Wir haben es trotz eines schwierigen Umfeldes geschafft, die Menschen um insgesamt 22 Milliarden Euro zu entlasten: Wachstumsbeschleunigungsgesetz, Kindergelderhöhung, Abschaffung der Praxisgebühr und Senkung des Rentenbeitragssatzes. Wir haben den Bundeshaushalt konsolidiert. Wir haben eine strukturell schwarze Null. Die Sozialkassen weisen Überschüsse auf. Davon hat Ulla Schmidt zehn Jahre lang geträumt. Wir machen es.

 

(Beifall bei der FDP … )

 

Wenn der Bundeshaushalt ausgeglichen ist, werden wir auch wieder eine Entlastungsperspektive eröffnen. Ich freue mich auf die Diskussion über den Soli. Für uns Liberale hat er keine Ewigkeitsgarantie. Für uns gilt das Wort von Helmut Kohl: Der Solidaritätszuschlag ist dafür da, den Aufbau in den neuen Bundesländern zu finanzieren. – Der Solidarpakt läuft 2019 aus. Spätestens dann soll nach unserer Vorstellung auch das Ende des Solidaritätszuschlags erreicht sein.

 

(Beifall bei der FDP)

 

Wir haben fast 700 Milliarden Euro Steuereinnahmen. So viel gab es noch nie. Deshalb wird es auch Zeit, dass die Menschen an der Konsolidierungsdividende teilhaben.

 

Es waren vier gute Jahre trotz schwierigster weltwirtschaftlicher Rahmenbedingungen. Dass Sie uns kritisieren, verüble ich Ihnen nicht. Aufgabe der Opposition ist es, Kritik zu üben. Aber dass Sie das Land schlechtreden, das Sie ein Bild von Deutschland zeichnen, das der Realität nicht entspricht, ist eine Ohrfeige für die fleißigen Menschen in Deutschland. Das haben sie nicht verdient.

 

(Beifall bei der FDP …

 

Das ist nicht anständig.

 

Lassen Sie mich zum Wort „Anstand“ einige Worte sagen. Sie haben einen Fairnesspakt angeboten. Wenn man sich die letzten Wochen vor Augen führt, dann stellt man fest, dass Sie der Einzige sind, der sich nicht im Griff hat:

 

Erstens. Sie haben die unsäglich geschmacklose Postkartenaktion der Jusos unterstützt.

 

(Beifall bei der FDP … )

 

Als Sie gemerkt haben, dass diese Aktion ein Rohrkrepierer ist, haben Sie sie zur politischen Satire erklärt. Okay. Manche Beobachter halten Ihre ganze Kandidatur für eine politische Satire.

 

(Beifall bei der FDP ….)

 

Zweitens. Kürzlich haben Sie der Bundeskanzlerin ihre ostdeutsche Herkunft vorgehalten. Damit haben Sie die Grenze des guten Geschmacks überschritten. Wir können stolz sein, dass 20 Jahre nach der Wiedervereinigung Menschen aus dem Osten der Republik in höchsten Staatsämtern sind. Das ist ein Erfolg, den wir vorweisen können.

 

(Beifall bei der FDP … )

 

Wir können stolz sein, dass jemand Vizekanzler werden kann, der in einem anderen Land geboren wurde.

 

(Beifall bei der FDP … )

 

Wir alle können stolz sein, dass ein Außenminister, anders als in den 50er-Jahren, seinen Partner nicht mehr verstecken muss, sondern dass das Normalität in Deutschland ist.

 

(Beifall bei der FDP … )

 

Die christlich-liberale Koalition trägt ihre Weltoffenheit nicht wie eine Monstranz vor sich her. Das überlassen wir Ihnen. Wir leben sie einfach. Das ist der Unterschied.

 

(Beifall bei der FDP … )

 

Einen dritten Punkt möchte ich noch ansprechen. Sie haben in der Prism-Sache der Bundeskanzlerin quasi einen Meineid vorgeworfen. So etwas tut man nicht, schon gar nicht, wenn die Vorwürfe offensichtlich aus oberflächlicher Zeitungslektüre stammen.

 

(Beifall bei der FDP … )

 

Mittlerweile wiederholen Sie die massiven Vorwürfe nicht mehr.

 

Ich fand es auch peinlich, wie sich Rot-Grün als Bürgerrechtler aufspielen wollte. Die härtesten Überwachungsgesetze hat Rot-Grün gemacht, die massivsten Eingriffe in die Bürgerrechte in Deutschland hat Rot-Grün zu verantworten.

 

(Beifall bei der FDP … )

 

Es waren die berühmten „Otto-Kataloge“ von Herrn Schily. Die Grünen haben alles mitgemacht. Einiges wurde vom Verfassungsgericht gestoppt, wie zum Beispiel das Abschießen von Flugzeugen. Alles das war Politik von Rot-Grün. Das haben wir nicht vergessen.

 

(Beifall bei der FDP … )

 

Einiges ist auch dank der Justizministerin von der FDP offen geblieben, etwa die anlasslose Vorratsdatenspeicherung. Es ist sehr interessant: Die grün-rote Landesregierung von Baden-Württemberg bringt im Bundesrat Überlegungen ein, die anlasslose Vorratsdatenspeicherung für sechs Monate einzuführen. Das ist Ihre Vorstellung von Bürgerrechten. Das ist die Realität, wenn es konkret wird.

 

(Beifall bei der FDP … )

 

Nicht alles, was technisch möglich ist, darf auch erlaubt werden. Meine Daten gehören mir, nicht dem Staat, nicht Facebook und Google. Meine Damen und Herren, wenn Sie sich in diese Richtung bewegen, freut uns das sehr.

 

Wenn man in andere Regionen der Welt schaut, sieht man, welches Glück wir eigentlich in Deutschland und in Europa haben. Die Lage im Nahen Osten ist mehr als bedrückend; das zeigen die Bilder, die veröffentlicht wurden. Andere Bilder von dem, was in Syrien geschehen ist, werden aus guten Gründen nicht veröffentlicht. Diese Bilder sind mehr als bedrückend: Sie sind beklemmend, sie nehmen einem die Luft weg.

 

Wir sollten uns aber vor voreiligen Forderungen hüten. Deshalb ist es richtig, dass der Bundesaußenminister darauf verwiesen hat, dass eine Beteiligung an einem Militäreinsatz weder nachgefragt ist noch von der Bundesregierung in Betracht gezogen wird. Dieses Thema eignet sich nicht für den Wahlkampf. Hier sollten wir alle bei der wohlüberlegten sachlichen Linie der Bundesregierung bleiben.

 

(Beifall bei der FDP … )

 

Die SPD spricht gern vom Aufstieg durch Bildung; das ist richtig. In der sozialliberalen Zeit haben wir auch einiges bewegt. Ich kenne das auch persönlich: Ich war der Erste in der Familie, der Abitur gemacht hat. Ich habe mich auf den Hosenboden gesetzt und übrigens, Herr Gabriel, Hausaufgaben gemacht.

 

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP … )

 

So hat es das Arbeiterkind Gerhard Schröder gemacht.

 

Aber was machen die Sozialdemokraten heute? Sie lassen sich von den Grünen die Abschaffung des Sitzenbleibens aufschwätzen. Das hilft keinem Arbeiterkind. Das hilft keinem Migrantenkind. Vielleicht werden Sie demnächst zur Verwaltungsvereinfachung einführen, gleich mit der Geburtsurkunde das Abiturzeugnis auszuhändigen. Das wäre das Gegenteil vom Leistungsprinzip, das wäre das Gegenteil von einem wirksamen Bildungskonzept, wie wir es in Deutschland brauchen.

 

(Beifall bei der FDP … )

 

Das sind die falschen Signale. Sie dienen der Infragestellung des Gymnasiums.

 

Ich habe mir einmal die Zahlen heraussuchen lassen: Bei Rot-Grün lag der Bildungs- und Forschungsetat im Schnitt bei 8 Milliarden Euro. Bei der christlich-liberalen Koalition lag dieser Etat im Schnitt bei über 12 Milliarden Euro. Auch bei der Bildung gilt also die rot-grüne Regel: Man redet viel, getan wird wenig.

 

(Beifall bei der FDP … )

 

Das war übrigens auch bei der Familienpolitik so. Wir haben das Kindergeld und den Kinderfreibetrag erhöht. Wir haben dafür gesorgt, dass Kinder aus Hartz-IV-Familien ihre Jobverdienste behalten dürfen. Wir haben ein Bildungspaket für Kinder aus benachteiligten Familien auf den Weg gebracht.

 

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

 

Auch beim Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz für unter Dreijährige ist es besser gelaufen, als die Opposition uns immer vorgehalten hat. Wir Liberale haben das Betreuungsgeld mitgetragen, weil wir vertragstreu sind; Verträge, die wir unterschreiben, setzen wir auch um.

 

Wir haben das Ehegattensplitting auf gleichgeschlechtliche Partnerschaften ausgeweitet. Grüne und Rote haben das gefeiert. Das ist mir völlig schleierhaft. Sie wollen doch das Splitting für alle Paare, egal ob hetero- oder homosexuell, abschaffen. Die SPD will einen Partnerschaftstarif mit Unterhaltsausgleich. Sie behandeln Ehepartner, als ob sie schon geschieden wären.

 

(Beifall bei der FDP … )

 

Die Grünen wollen die sogenannte Individualbesteuerung. Sie behandeln Ehepartner, als ob sie Fremde wären. Das ist nicht mein Familienbild; das ist nicht mein Gesellschaftsbild. Ehe oder Partnerschaft ist eine Verantwortungsbeziehung. Das muss sich auch im Steuerrecht widerspiegeln. Sie bejubeln diese Vorstellung, fordern in Ihren Programmen aber das Gegenteil.

 

(Beifall bei der FDP … )

 

Die Grünen haben ein Wahlprogramm in Romanlänge vorgelegt. Buddenbrooks ist es nicht, eher Brave New World .Das ganze grüne Wahlprogramm ist eine Anleitung zum Unglücklichsein.

 

(Beifall bei der FDP … )

 

Dort wimmelt es nur so von Verboten, Geboten, Lenkungsmaßnahmen. Ich verweise auf das Obstverbot, das Fleischverbot, die Fettsteuer. Sie wollen eine Art Zwangserziehung. Aber, meine Damen und Herren, Deutschland ist keine Zwangserziehungsanstalt für nicht grüne Wähler. Das, was die Grünen wollen, wird in diesem Land nicht stattfinden.

 

(Beifall bei der FDP … )

 

Wir wollen keine Verbotspolitik. Mir ist völlig wurscht, ob Frau Künast jeden Donnerstag Gemüse isst.

 

(Heiterkeit bei Abgeordneten der FDP … )

 

Sie nennt den Veggie-Day-Zwang ein Angebot, das man nicht ablehnen kann. So etwas kannte ich bisher nur aus Mafiafilmen. Der Pate grüßt!

 

(Beifall bei der FDP … )

 

Das will niemand in Deutschland. Die Menschen schreien zu Recht auf wegen dieses Unsinns, Frau Künast.

 

Jetzt komme ich dazu, wie die Opposition das Thema Griechenland hochzieht. Auch das ist ein Rohrkrepierer. Sigmar Gabriel hat da Gerhard Schröder voll in die Pfanne gehauen. Ich zitiere ihn wörtlich:

 

Griechenland in die EU aufzunehmen war sicher richtig, es in die Währungsunion aufzunehmen aber war sicher falsch.

 

Das hat Sigmar Gabriel wörtlich gesagt.

 

Wer war das damals? Gerhard Schröder war Kanzler, Joschka Fischer war mit dabei. In Athen haben sie jubelnd vorgetragen, vor der sozialistischen Regierung von der PASOK, was sie alles Tolles gemacht haben. Es war falsch! Sie haben recht, Herr Gabriel. Aber sie haben es gemacht, und sie tragen die Verantwortung dafür. Sie haben damals regiert.

 

(Beifall bei der FDP … )

 

Wir müssen seit vier Jahren den Mist, den Sie uns hinterlassen haben, aufräumen. Es waren Sie von Rot-Grün, die in sieben Regierungsjahren fünfmal hintereinander den Stabilitätspakt gebrochen haben. Deutschland war das erste Land, das die Leitplanken für einen stabilen Euro durchbrochen hat. Dann haben andere nachgezogen. Wer war dafür verantwortlich? Die Roten und die Grünen! Die haben es gemacht!

 

(Beifall bei der FDP … )

 

Da kann man sich nicht so einfach vom Acker machen.

 

Herr Gabriel, Sie haben wochenlang, monatelang von den Euro-Bonds geschwärmt; das sei die große Lösung. „Euro-Bonds“, das heißt nichts anderes als: Alle zahlen den gleichen Zinssatz. Man nennt das im Klartext Zinssozialismus. Sozialismus ist immer Mist. Zinssozialismus ist Mist hoch drei. Völlig falsch!

 

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

 

Dann kam der Möchtegernfinanzminister Trittin: Altschuldentilgungsfonds. Sie wollen, dass die Deutschen die alten Schulden in Europa zahlen. Sie wollten gemeinsam mit der SPD sogar noch eine Banklizenz für den ESM, also eine weitere Gelddruckmaschine. Sie wollen überall Geld drucken, aber die Probleme nicht lösen. Sie können Strukturprobleme nicht lösen, indem Sie alles mit Geld zuschütten. Da müssen Sie den Hintern hochkriegen, konkret was machen, nicht nur herumschwätzen.

 

(Beifall bei der FDP … )

 

Altschuldentilgungsfonds ist Schuldensozialismus. Wir sollen haften für das, was Europa alles verschuldet hat. Ich kann deutschen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern nicht sagen: Ihr müsst drei Stunden mehr arbeiten ohne Entgelt, damit wir die Schulden von Griechenland und Spanien bezahlen.

 

Das ist nicht meine Vorstellung. (Beifall bei der FDP ... )

 

- Hören Sie zu! Sonst verstehen Sie es nicht. Sie haben es sowieso schwer, etwas zu verstehen.

 

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der FDP

 

Dann kritisiert Rot-Grün die exportorientierte Wirtschaft und will die starke Exportorientierung in Deutschland reduzieren. Einige meinen ja auch, die richtige Strategie wäre: erst die Löhne rauf, dann die Arbeitszeit runter. – Sie können im sozialistischen Frankreich die fatalen Auswirkungen einer sozialistischen Politik beobachten: mehr Arbeitslose, höhere Steuern, mehr Schulden, Herabstufung der Kreditwürdigkeit, schrumpfende Wettbewerbsfähigkeit.

 

Es ist ein völlig falscher Ansatz, die Exportüberschüsse zu reduzieren. Steinbrück und Trittin unterstützen das. Wie wollen Sie das machen? Wollen Sie den Facharbeitern bei VW sagen, dass sie schlechtere Autos bauen sollen? Sollen die bei Daimler eine Schramme in jede Achse machen, damit sie nicht richtig läuft? Das ist doch absurd! Soll die BASF ihre Produktion drosseln? Sollen erfolgreiche Mittelständler, die in der Welt oft führend sind und Hidden Champions sind, schlechter werden? Nein, das ist ein absoluter Denkfehler! Sie übersehen, dass 50 Prozent der deutschen Exporte in die Zulieferung gehen, in Kooperationen mit den europäischen Nachbarn gehen. Wenn wir nicht so exportstark wären, würde es Europa deutlich schlechter gehen.

 

(Beifall bei der FDP … )

 

Wir sind der Wachstumsmotor der ganzen europäischen Entwicklung. Den wollen Sie drosseln, nur weil Sie die Wirtschaft nicht verstehen.

 

(Anhaltender Beifall bei der FDP … )

 

Damit da kein falscher Eindruck entsteht: Die Ausländer kaufen freiwillig unsere Produkte. Das ist keine Zwangsabnahme. Sie kaufen sie, weil sie gut sind. Das verstehen Sie alles nicht. Das tut Ihnen weh; aber es ist halt so.

 

(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach, geben Sie nicht den alten Mann, der nicht durchblickt und nichts sagen kann! Und dann beklagen Sie, dass wir den Griechen helfen müssen! Das passt doch alles logisch nicht zusammen!)

 

– Die Realität tut immer weh, Frau Künast, und es ist schön, dass Sie durch Schreien kundtun, dass Sie es wirklich nicht verstehen.

 

Ich komme zum Stromsektor. Die Grünen präsentieren jährlich eine von ihnen in Auftrag gegebene Studie über die Strompreisentwicklung. Ich will auf die methodischen Schwächen dieser Studie nicht eingehen, aber ich gehe auf den Strompreispopulismus der Grünen ein. Sie sagen: Die Konzerne sind schuld. – Ich frage Sie: Warum machen Sie nichts dagegen? Die grün-rote Landesregierung in Baden-Württemberg ist der Großaktionär bei EnBW. Sie können doch die Preise senken. Sie haben doch das Sagen in diesem zum größten Teil staatlichen Unternehmen. Dort sind Ihre Aufsichtsräte. Dort ist Frau Röstel, die frühere Parteivorsitzende. Aufsichtsratsmitglied sein heißt nicht nur, Lachsschnittchen essen. Es bedeutet: Mitdenken und Mitverantwortung übernehmen.

 

(Beifall bei der FDP … )

 

Wo ist denn der Anstand bei dieser Strompolitik? Frau Göring-Eckardt propagiert immer den Anstand. Wo ist er bei dem dreisten Solarlobbyismus, den Sie betreiben? Herr Trittin hat bei der Einführung des EEG gesagt: Das kostet so viel wie eine Kugel Eis im Monat. – Heute kostet das so viel, dass Sie beim Italiener die Eiskarte sozusagen rauf und runter essen könnten. Das ist die Realität.

 

(Beifall bei der FDP … )

 

Die Ausnahmeregeln sind damals auf den Weg gebracht worden. Die Bundesregierung hatte beschlossen, diese zu überprüfen. Die Bundesbahn profitiert davon mit 500 Millionen Euro. Wenn Sie die Ausnahme streichen, können Sie den Bürgern gleich erklären, warum sich die Preise für die Fahrkarten erhöhen. Nehmen Sie die Stadtwerke in Schwerin. Wenn Sie die Ausnahme streichen, können Sie gleich erklären, warum die Preise für den Nahverkehr steigen.

 

Das sagen Sie nicht. Sie jubeln irgendeinen Punkt hoch und vernebeln das, was Sie gemacht haben. Sie haben genau diese Politik eingeleitet, wobei ich folgenden Aspekt für richtig halte: Wenn wir moderne Motoren herstellen wollen, dann brauchen wir Gießereien in Deutschland. Wenn Sie die alle vertreiben, werden wir nicht mehr an der Spitze der Entwicklung sein. Deshalb muss man vernünftig agieren. Sie haben es falsch gemacht, indem Sie eine Übersubventionierung betrieben haben. (Sigmar Gabriel [SPD]: Sie beschimpfen gerade Ihren Koalitionspartner!)Sie haben neue Sofamelker etabliert. Das gab es früher bei den Bauern. Einige hatten zwar keine Kühe, haben aber die Milchquote genutzt. Heute haben wir das bei den Solarstromerzeugern: 43 Cent auf 20 Jahre garantiert, Einspeisevorrang. Die Oma mit der Leselampe zahlt das in Form der Umlage. Ihre Freunde, die sich das Schloss vom Gottschalk kaufen können, profitieren davon, weil sie eine Preisgarantie von 20 Jahren haben, also eine Garantie dafür, dass sie den Strom zu diesem hohen Preis ins Netz geben können. Das ist doch keine vernünftige Politik. Die Umlage ist deshalb so stark nach oben geschossen, weil Sie sie falsch konzipiert haben.

 

(Beifall bei der FDP … )

 

Ich komme noch zu einem anderen Thema. Die SPD probiert es neuerdings mit Steuersenkungen. Aus Pannen-Peer wurde offenbar ein Panik-Peer. Ich bin erstaunt, was Sie alles plötzlich senken wollen: Stromsteuer. Beim Spitzensteuersatz haben Sie Jo-Jo gespielt: erst rauf, dann wieder runter. Sie sprechen plötzlich vom Abbau der kalten Progression. Sie haben den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Deutschland aber bisher verwehrt, dass sie von den verdienten neuen Tarifabschlüssen mehr in der Tasche behalten können. Sie haben es über den Bundesrat blockiert, weil Sie es den Leuten nicht gönnen. Das ist wahr.

 

(Beifall bei der FDP … )

 

Wie wollen Sie die Wertschöpfung erhöhen? Die SPD will ungefähr 38 Milliarden Euro mehr Steuern einnehmen. Die Grünen wollen etwas mehr einnehmen. Trittin spricht – das ist wohl eine Art Mao-Zuschlag – von über 40 Milliarden Euro, und das bei Einnahmen von etwa 700 Milliarden Euro. Es trifft genau die Mitte. Es ist eben nicht wahr, dass es nur wenige Milliardäre zahlen. Die Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze für die Versicherten in der gesetzlichen Krankenkasse betrifft die kleinen und mittleren Einkommen.

 

(Beifall bei Abgeordneten der FDP … )

 

Wenn Sie den Handwerksbetrieb mit einer Vermögensabgabe bzw. einer Vermögensteuer zusätzlich belasten, dann treffen Sie die Mittelständler. Das sind die Jobmotoren der Gesellschaft, die uns voranbringen. Genau das wollen Sie machen. Herr Trittin will das sogar rückwirkend machen. Wenn Sie rückwirkend Steuern erheben – vielleicht noch bis in die 20er-Jahre zurück –, ist das ein Verfassungsbruch. Das ist doch alles absurd, was Sie beabsichtigen.

 

(Beifall bei der FDP … )

 

Wenn Sie mir nicht glauben: Frau Scheel, Herr Kretschmann und Herr Palmer, der grüne Oberbürgermeister, warnen vor Ihrer Politik, weil Sie damit den Mittelstand beschädigen. Sie sagen, dass das nicht sein darf. Die Wirtschaftsforscher berechnen, dass bei einer rot-grünen Regierung 400 000 Jobs verloren gehen. Wenn die Linke drankommt, sind es 900 000 Jobs. Wenn Sie Rot-Rot-Grün hinkriegen, dann ist der maximale Unsinn in Deutschland erreicht. Das gilt es zu verhindern; wir dürfen das nicht zulassen.

 

(Beifall bei der FDP … )

 

Deshalb bleibt es dabei – diese Wahrheit muss man den Deutschen sagen –: Man kann eine gute Zukunft wählen, indem man diese Regierung erneut wählt.

 

(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihre Redezeit ist um!)

 

Wir haben den Praxistest geliefert. Es geht. Sie kommen mit Rezepten von vorgestern, die x-mal gescheitert sind. Sie sollten Karl Marx in seinem Museum in Trier stehen lassen. Holen Sie die alten Klamotten nicht raus; kein Mensch will das mehr haben. Denken Sie nach vorn; machen Sie einen Modernisierungskurs. Wir helfen Ihnen gern.

 

(Anhaltender Beifall bei der FDP … )