D a s   L i b e r a l e   T a g e b u c h

Sammlung Originaldokumente aus „Das Liberale Tagebuch“, http://www.dr-trier.de

 

 

 

 

Zum Vorgehen und den Prämissen bei der unverzichtbaren Benennung der Ursachen
für das Wahlergebnis vom 22.09.2013

 

(A)

 

“So nicht ... “

meinte dereinst Rainer Barzel (CDU/CSU), als die Ostverträge von FDP und SPD im Bundestag behandelt wurden. Es war zu interpretieren als “Ja, zu den Verträgen, aber ich darf/will das nicht sagen”. Rainer. Barzel zog sich auf die Nuancen zurück, um die Ablehnung der CDU/ CSU zu begründen. Es gibt Anlass auf die Redewendung von Rainer Barzel, allerdings nun wörtlich gemeint, zurückzugreifen.

Es berichtete KStA, 18.10.13, S.5, (schon wieder) über die Grünen ... Ein neues Image soll gesucht werden. Simsalabimismus geht um in Deutschland? Gegen europäischen AfDismus müsse migriert werden. Modern ist eine Gesellschaft, wenn wenige sterben, wo sie zuvor geboren wurden. Sodann findet Herr Lehmann, dass man sich zu sehr auf die Koalition mit der SPD konzentriert habe und der Eindruck entstanden sei, die Grünen sei eine Verbotspartei. Künftig (a) solle man die Wahlkampfkommunikation lediglich zuspitzen, ohne wie eine Ein-Themen-Partei zu wirken, (b) müsse man die Erforschung des Pädophilie-Problems offensiv vorantreiben, (c) (insgesamt) ohne Verzagtheit oder Schuldzuweisungen diskutieren und (d) nicht in alte Streitigkeiten verfallen. Die Grünen brauchen ein starkes Herz.

Wenn die FDP ihr Debakel so handhabt, wie leicht gekalauert vorstehend dargestellt es die Grünen nach Meinung von Herrn Lehmann tun sollten, sind die Liberalen besser beraten, den Lichtschalter zu suchen und betätigen.

Aber so

Es geht nicht um (strafrechtliche oder moralische) Schuld. Durchaus geht es um das Kausale, konkreter um die Fehler bezogen auf das unerwünschte Resultat “Absturz bei der Wahl vom 22.09.13”. Wobei 6% oder 9% zwar weniger schwierig die Fehlersuche aber nicht minder dringend machte. Allenfalls bei 12% ohne NRW, Baden-Württemberg, die Niedersachsen-Regierung und Bayern zu verlieren, hätte ein Weiter-So gefahren werden können.

Kleine und große Fehler summieren sich zu Zehntausenden. Die vielen kleinen Fehler der “kleinen Leute” sind wegen der großen Anzahl genauso wichtig wie die geringere Anzahl der großen Fehler der “großen Leute”. Das kollektive Bewusstsein von Fehlerhaftigkeit ist unverzichtbar. Niemand darf sagen “Ich habe doch die richtige Idee gehabt, bin aber nicht durchgekommen”. Nur Resultate, nicht Erklärungen zählen.

Richtig ist, keine Hexenjagd zu fahren. Es macht die “abstrakte” Benennung von Fehlern allerdings wenig Sinn. Hierbei ist zu klären, ob der heute, teilweise Jahre später benannte Fehler, vermeidbar in dem Sinn war, dass andernfalls die Probleme noch größer geworden wären. Jene die Fehler begangen haben, müssen sie also selber benennen und um schräge Ausreden zu vermeiden per Gegencheck konsensual akzeptiert sein. Auseinandersetzungen und Fehler, die nicht bekannt wurden, gehören vermutlich auch zu der Fehlerliste.

Wichtiger Zweck der Fehlersuche, -analyse ist, die Wiederholung künftig zu vermeiden. Auf die Einsicht der Handelnden kommt es an. Der Fehlerliste haftet dennoch der Geruch des Post-Schlacht-Generals an. Die Liste bleibt auch unter optimalsten Bedingungen unvollständig: Stichwort Fahrradkette. Wenn ein nun bekannter Fehler als ausgefallen gedacht wird, bleibt nämlich offen, ob ein anderer Fehler die Ursache war oder ein ganz anderer Fehler möglicherwiese begangen worden wäre. Welcher Fehler ist relevant? Und es bleibt offen, wie das Umfeld dann reagiert hätte. Hinzu kommt das dornige Problem, die Fehler heute so darzustellen, dass erneuter, zusätzlicher Spott ausbleibt. Das Timing spielt (daher ebenfalls) eine Rolle. Sollte die große Koalition nicht zu Stande kommen und erneut gewählt werden müssen, könnte eine „zu“ offenherzige Darstellung der Fehler sich als zusätzliches Handicap erweisen.

(B)

 

Die Führung der FDP hat entschieden:

Vereinfacht-kursorisch: Wir waren “es” selber. Jeder Liberale sollte die Führung insoweit unterstützen. Daher gilt desto mehr:

Inkompetenz

Der Partei, d.h., jedem ihrer Mitglieder, fehlt seit vielen Jahren die situativ-problem- und rollenspezifische Kompetenz, den Respekt (1) des sozialistisch-konservativen (Herrschafts-) Komplexes zu erzwingen. Die Adjektive sind wichtig, weil die etwa Inkompetenz jener, die zwecks Staatsführung Jahrzehnte lang auf Verschuldung zurückgegriffen die situative, usw. der Liberalen um ein Vielfaches überragt.

Dass der FDP seit langem nicht gelungen ist, Respekt zu erzwingen, lässt sich exemplarisch an folgenden Vorfällen/Umständen festmachen:

 

  • in den 90gern legte die CDU/CSU fest, ob und wann der Schwanz mit dem Hund zu wackeln hatte (2)
  • Inkompetent in Geschichte sattelfest zu sein, übernahm der damalige SPD-Vorsitzende, Oskar Lafontaine aus Lateinamerika die pejorativ gemeinte Bezeichnung Neoliberale (2).
  • Einen Tag nach der Wahl vom 27.09.2009, d.h., am 28.09.09 meinte Frau Merkel die FDP ermahnen zu müssen, verantwortlich zu handeln
  • Die FDP wurde gezwungen, neben dem Außenministerium ankündigungswidrig das Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit zu übernehmen. Wäre die Anzahl der Bundesminister um eines reduziert worden, hätte die FDP nach dem Stimmenproporz noch immer 5 Positionen im Kabinett besetzt, die CDU/CSU einen weniger. Das wollte die CDU/CSU nicht.
  • Wem steckt nicht noch immer das Interview von Dr. Schäuble mit dem HB vom 02.11.09 in den Knochen: Eine Woche nach Verabredung des Koalitionsvertrages sagt der das Gegenteil: Keine Steuerreform.
  • Manche sagen der Koalitionsvertrag sei ungenügend präzise. Logo, Frau Merkel machte Druck, weil sie am 04.11.09 als gewählte Kanzlerin ihre (mäßig ausgefallene) Rede vor dem US-Kongress halten wollte. Fehlende Präzision später schamlos auszunutzen, ist bestenfalls nur hinterfotzig. Stimmt, Hinterfotzigkeit ist per GG nicht verboten. Was formulierte Jesus Christus zum Thema Hinterfotzigkeit? (3)
  • Guido Westerwelle schimpfte/protestierte gegen ausufernde Höhe der Transferleistungen, schrieb dazu einen kurzen Beitrag mit der Formulierung “spätrömische Dekadenz”. Statt ihre Sichtweise vorzutragen, reagierte Frau Merkel hochnäsig “von oben herab” über den Regierungssprecher mit “nicht mein Duktus”. Regierende Gottheit, die sich nicht den Mund verbrennt. Sogar der KStA zeigte Verständnis für die “Spätrömische”, die FAZ mit einem Kommentar von Holger Stelzner am 10. 02. 2010 “so wie so”. Es war der Gipfel der Respektlosigkeit.
  • Es wird koalitionsinternen “Ärger” gegeben haben. Aus Kreisen der CDU/CSU wurde am 11.02.10 und am 24.02.10 aus doch wohl vertraulicher Koalitionsrunde indiskret an die Medien lanciert. Nicht nur respektlos, sondern schlicht unverschämt - bezogen auf den Kodex einer Staatsführung.

    Es wurde der finale Sargnagel.

 

In Zusammenhang mit dem Geeiere zum Thema Laufzeitverlängerung der AKW (statt Nägel mit Köpfen) ging die NRW-Wahl am 09.05.2010 verloren, weil die CDU/CSU antiliberal sortiert und die FDP nicht in der Lage war, diesen Spieß zu drehen.

 

Zwingende Konsequenz I

Wenn “es” also die FDP “selber” war, dann müssen die Fehler in Spiegelstrichen aus dem Munde der Handelnden nicht nur formuliert, sondern auch konsensual diskutiert und sprachlich nachvollziehbar dokumentiert sein. Alles Andere wirkt halbherzig, gar unehrlich.

Zwingende Konsequenz II

Verbreitet ist die Meinung, die FDP habe “zu viel” versprochen. Unerwähnt bleibt hierbei, weswegen das Versprochene nicht umgesetzt wurde. Das mag ungerecht sein, unterliegt aber dem Primat: “Nicht die Erklärungen, nur die Resultate zählen”. Es wäre also doppelzüngig, wenn intern durchgelassen würde “Ich/wir haben vor diesem und jenem gewarnt”. Wer sich mit so exzellenten Ideen, die das Debakel vermieden hätten nicht durchsetzte, ist offenkundig fehlerhaft, eben situativ-problembezogen inkompetent, vorgegangen. Willkommen alle beamteten Mitbürger bei der FDP; aber Beamten-Prinzipien als Handlungsmaxime für den politischen Liberalismus, wäre - besonders aus Sicht liberaler Wähler - ein weiterer Beleg fehlender Kompetenz.

Zwingende Konsequenz III

Zu hören ist, dass es intern bereits jetzt gute Diskussionen gibt. Es darf aber nicht dabei bleiben, dass dadurch lediglich Druck abgelassen wird. Konsequenzen müssen nachvollziehbar gezogen werden. Vorzugsweise dadurch, dass jedermann seine Fehler einsieht, zugibt. Es geht hierbei darum, den personellen Aderlass, insbesondere im Bereich Führungskräfte, auf das absolute Minimum zu begrenzen.

Hilfreich ist

Dass wie bisher geschehen, ex „oben“ jegliche Hexenjagd abgeblasen und weiterhin kraftvoll zu Kritik animiert wird. Nicht Kritik aber Stühlesägereien sind mit negativer Sanktion zu belegen. Kritik darf nicht bedeuten: „Ich will Deinen Posten“ und im Übrigen: Ehrenamtliche Tätigkeit in politischen Parteien begründet in keiner Weise den Anspruch auf Ämter, Mandate, usw.

Der beschriebene Mentalitätswandel erzeugt so viel Gewinn, dass die FDP ihre Niederlage vom 22.09. 2013 glatt in Sieg umgemünzt hätte.

Es geht nicht um die Wünsche der Zehntausend
Es geht um die Pflichten den liberalen Wählern
Es geht um die Hoffnungen der Millionen


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(1) Zum “Nulltarif” wird es diesen Respekt niemals geben.
(2) Das ist der Grund auf jeder Seite des LT sowohl bei
Liberalismus wie Liberal-Heute die Formulierung zu bringen “Andere polemisieren. Kann das LT im Zweifel auch. Und zwar kräftig und gut gewürzt mit beißendem Spott”. Morgenländisches “Auge um Auge, Zahn um Zahn”? Nein, kurz: “Auge um Zahn”.
(3) Ist die FDP schuld, dass die CDU/CSU sich in der Praxis den Feuchten um die entsprechenden “Gebote” schert, also das Merkmal “christlich”
extrem missbraucht?