D a s   L i b e r a l e   T a g e b u c h

Sammlung Originaldokumente aus „Das Liberale Tagebuch“, http://www.dr-trier.de

 

 

 

 

Schulden-Europa abgewendet

 

13. März 2011

 

Zu den Beschlüssen der Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten der Eurozone vom 11.3. erklären der Vorsitzende des Arbeitskreises für Außen- und Europapolitik Michael Georg LINK und der Vorsitzende des Arbeitskreises für Wirtschafts- und Finanzpolitik der FDPBundestagsfraktion Hermann Otto SOLMS

 

Beim Eurozonen-Sondergipfel am 11. März konnten wichtige Pflöcke zur nachhaltigen Stabilisierung des Euros eingeschlagen werden. Positiv sind u.a. folgende Teile der Beschlüsse:

 

l              Abwendung einer drohenden Haftungsunion durch Fortgeltung des No-Bail-Out-Verbots der EU-Verträge, damit keine Schuldenüberwälzung auf andere Staaten der Eurozone möglich

l              Unmissverständliche Geltung des Ultima-Ratio-Prinzips; Hilfe durch Darlehen nur möglich, wenn Gefahr für den Bestand der Eurozone als Ganzes besteht

l              Festschreibung des Einstimmigkeitsprinzips für Maßnahmen des Europäischen Stabilitäts-Mechanismus (ESM)

 

Folgende Punkte wurden nicht Teil der Beschlüsse und müssen auch weiterhin ausgeschlossen bleiben:

 

l              Keine Möglichkeit für Eurobonds oder gemeinsam finanzierte oder garantierte Schuldenrückkaufprogramme oder Anleiheaufkäufe am Sekundärmarkt

l              Keine Schaffung eines Europäischen Währungsfonds, stattdessen enge Verzahnung des ESM mit dem IWF

l              Keine Schwächung der exportstarken Mitglieder der Eurozone

 

Kritische Wachsamkeit und weitere Verhandlungen sind u.a. bei folgenden Punkten erforderlich:

 

l              An allen Hilfsmaßnahmen sind die privaten Gläubiger grundsätzlich zu beteiligen

l              - Keine Aufweichung bei einem möglichen Tätigwerden des ESM am Primärmarkt: Anleiheankauf nur zulässig nach einstimmigem Beschluss und in einer absoluten Ausnahmesituation (ultima ratio, unmittelbare Notlage für ausgebendes Land)

l              Sanktionen: Noch immer keine Einigung auf genaues Verfahren. FDP unterstreicht ihre Unterstützung für die Vorschläge von Kommissar Rehn (automatische Sanktionen, die nur innerhalb einer 10-Tages-Frist mit qualifizierter Mehrheit gestoppt werden können)

l              Die Schaffung von Strukturen wie Schuldenbremsen im Pakt für den Euro ist positiv, bleibt im Beschluss jedoch zu vage. Ohne präzise, verbindliche Zusagen wird der Pakt für den Euro weiße Salbe bleiben

l              In Brüssel wurde beschlossen, den Euro-Rettungsfonds EFSF von derzeit effektiv 250 Mrd. Euro auf künftig effektiv 440 Mrd. Euro aufzustocken. Der deutsche Garantieanteil würde damit von derzeit 123 Mrd. Euro auf künftig bis zu 200 Mrd. Euro steigen. Dies wird dem Deutschen Bundestag noch zur Zustimmung vorgelegt werden müssen

l              Ferner wurde mit den Beschlüssen in Brüssel erneut die Möglichkeit einer Finanztransaktionssteuer – allein für die Länder der Eurozone – ins Spiel gebracht. Dem hatte die FDP bereits mehrfach wegen der damit verbundenen gravierenden Nachteile für den Finanzplatz Deutschland widersprochen. Für die FDP kommt eine Finanzmarktsteuer nur international, allenfalls auf EU-weiter Ebene in Betracht.

 

Zentral wichtig für die FDP ist der Parlamentsvorbehalt: Die konstitutive Beteiligung des Deutschen Bundestages muss bei jeder Aktivierung des ESM sichergestellt werden (Zustimmungspflicht).

 

Alle jetzt gefassten Beschlüsse der Mitglieder der Eurozone müssen nun unverzüglich vom Deutschen Bundestag einer gründlichen Überprüfung unterzogen werden, um noch rechtzeitig vor dem EUGipfel am 24./25. März notwendige Klarstellungen bzw. Änderungen zu erreichen