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s L i b e r a l e T a g e b u c h
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Sammlung
Originaldokumente aus „Das Liberale
Tagebuch“, http://www.dr-trier.de |
Guido Westerwelle:
Die Regierungsparteien haben an diesem Wochenende
den Bundestagswahlkampf eröffnet. Ein Jahr Dauerwahlkampf zwischen der
Kanzlerin und dem Vizekanzler – das kann sich Deutschland nicht erlauben.
Dann ist es besser, dass schnell und zügig diese Regierung ein Ende findet,
neu gewählt wird und die Wählerinnen und Wähler entscheiden, welche Richtung
unser Land nehmen soll. Die Hessen-Frage ist der Prüfstein auch für die SPD,
nämlich geht sie weiter nach Linksaußen, paktiert sie auch mit Kommunisten
und Sozialisten, oder findet sie zurück in die Mitte. Und wenn diese
Kursfrage nicht geklärt ist, dann können die an die Spitze Albert Einstein
stellen und sie werden nicht aus der Misere herauskommen. Die SPD mag die Personalfragen geklärt haben, aber
sie muss in Wahrheit entscheiden: Will sie weiter Richtung Linksaußen gehen,
wie in Hessen, oder will sie zurückkehren zur Mitte. Das ist auch der
Lackmustest für den Kanzlerkandidaten Steinmeier, zu verhindern, dass die SPD
in Hessen mit der Linkspartei - Sozialisten und Kommunisten - eine Regierung
bildet. Das ist die zentrale Frage auch als Kursfrage für die
sozialdemokratische Partei. Ich habe zur Kenntnis genommen, dass Herr Beck sich
entschieden hat, sein Amt als Parteivorsitzender nicht weiter auszuüben. Da
ich jetzt die letzten Monate mit ihm kollegial verbunden war, will ich mich
beim ihm auch bedanken für die bisherige Zusammenarbeit. Aber es ist schon
bemerkenswert, dass die Halbwertszeiten der SPD-Vorsitzenden mittlerweile
eher in Monaten als in Jahren zu messen sind. Das zeigt auch, wie der innere
Zustand der sozialdemokratischen Partei ist. Personalfragen sind das eine,
Sach- und Kursfragen entscheiden. Ich habe zur Kenntnis genommen, dass führende
Unionspolitiker aus der Bundestagsfraktion, aber auch aus der CSU, sich zu
Herrn Steinmeier sehr persönlich geäußert haben, sehr persönlich treffend und
negativ geäußert haben. Daran werden wir uns nicht beteiligen.
Wenn die Union in der Tat der Auffassung ist, dass der Vizekanzler
inkompetent ist und ungeeignet – ja dann kann sie mit ihm nicht regieren.
Dann muss sie auch klar sagen, was sie will. Wir würden uns an solchen
Bemerkungen nicht beteiligen. Weil es auch unserer Auffassung nach nicht
respektvoll ist. Aber das ist eine Angelegenheit, die jetzt die Regierungsparteien
miteinander zu besprechen haben. Das ist eine instabile Regierungskoalition,
und mehr und mehr – sowohl bei der Union, als auch bei den Sozialdemokraten –
werden erkennen, dass Stillstand keine Antwort ist für Deutschland und
Dauerwahlkampf erst recht nicht. Ich habe mit Herrn Müntefering schon einmal als Parteivorsitzender gut zusammengearbeitet. Und das wird auch in Zukunft wieder so sein. Man kann unterschiedliche Meinung haben, am persönlichen Respekt hat das nie etwas geändert. Für mich ist es ja das zweite Mal, dass ich als Parteivorsitzender der FDP mit dem Parteivorsitzenden Franz Müntefering zu tun habe, insoweit ist es für mich auch nichts Neues. |